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Wie schön, wenn eine Bloggerin Freundinnen hat, die sie mit Themen versorgen. B. hat mir die Bunte mitgebracht – und mit gelben Klebezettel dieses Foto markiert. „Das wär doch was für die Stilpäpstin“, sagte sie.

Claudia Roth lebt offensichtlich nach dem Motto „Ich bin rund, na und“. Das hat nicht nur einen gewissen Sexappeal, das macht sie auch sympathisch. Das bestickte Etuikleid aus Seide (oder ist es doch eher ein Kunstfasergemisch) sieht an ihr hübsch und harmlos aus – solange sie steht. Beim Sitzen offenbaren sich dann die Gefahrenstellen. Seidentaft ist ein relativ fest gewebter Stoff, der die Figur mehr umklammert als umschmeichelt. Fatal bei einem Kleid, das eine Nummer zu klein ist. Im fliederfarbenen Würgegriff quellen überall da, wo Platz ist, die Pölsterchen drüber. Der Rest wird abgeklemmt. Das Ergebnis ähnelt dem, was man im Metzgereifachhandel Presswurst nennt. Außerdem werden, wie ein männlicher Kenner beobachtete, „die Möpse abgedrückt“. Schade drum – denn das ist genau die Stelle, wo Frau Roth (ganz im Stil von Frau Merkel) ihre Pfunde lustvoll zeigen könnte. Stattdessen kommt in ihrer fliederfarbenen Pelle leider nur das zur Geltung, was charmante Gynäkologen als Matronenwampe bezeichnen, weil selbst ansonsten schlanke Frauen über 50 dazu neigen, in der Mitte an Breite zuzulegen. Ein Schicksal, das auch unsere Alphagrüne teilt.

Beim Betrachten des Fotos in der Bunten regt sich der Verdacht, dass die Chefredaktion eine ähnliche Abneigung gegen die Partei der Grünen pflegt, wie die eng verbandelte Chefredaktion des Focus aus dem selben Verlagshaus. Und jede Gelegenheit nutzt, den verhassten Ökos eins auszuwischen. Oder hat Frau Roth sich einfach nur vertrauensvoll in die Hände von zwei Frauen begeben – der Interviewerin und der Fotografin – und als die ihr versicherten, wie toll sie aussähe, hat sie es geglaubt? Ohne Rücksicht auf ihre innere Stimme, die sie eigentlich hätte warnen müssen: Vertraue nie den Komplimenten von anderen Frauen.

Aber die Farbe steht ihr gut

La Reski verdammt heute eine der Abscheulichkeiten in den Straßen Venedigs – und empfiehlt eine ganz besondere Verwendungsmöglichkeit.
Auch Manolo, scharfzüngiger Schuhpapst im Internet, wird nicht müde, gegen dieselbe Geschmacklosigkeit zu predigen.
In München dagegen haben die Plastiktreter eindeutig an Faszination verloren. Sie werden viel seltener als letztes Jahr gesichtet. Das lässt auf ein baldiges Ableben hoffen.

Vertraut man den Modezeitschriften, ist in diesem Sommer – nach gefühlten 120 Jahren in der Versenkung – türkisfarbener Lidschatten wieder total chic.

Laut Glamour, aus der auch dieses Foto stammt, wird so geschminkt:
Einen Hauch türkisfarbenen Lidschatten in den inneren Augenwinkel geben, dann mit türkisfarbenem Kajal einen Lidstrich ziehen. ‚Fangen Sie dünn an und werden Sie zum äußeren Wimpernrand dicker – das macht den Look weicher‘, erklärt Lisa Eldridge (die Stars wie Cate Blancehtt und Keira Knightley berät). Brauen mit Gel fixiren, auf die Wangen etwas pfirsichfarbenes Rouge gebe, auf die Lippen Lippenstift in Rosenhol: ‚Die sanften Töne balancieren das leuchtende Türkis aus.'“

Alles klar?
Nein?
In dem Fall kann das folgende Video helfen. Amy B hat innerhalb kürzester Zeit eine ungewöhliche Visagistenkarriere gemacht. Sie wurde mit Make-up-Lektionen auf youtube berühmt (so kann’s gehen), und malt auch den türkisfarbenen Lidschatten richtig mit Schmackes. Was durchaus hübsch anzusehen ist, auch wenn sich beim Betrachten die Erkenntnis festigt: Das werde ich nie nachmachen. Wer lieber Audrey Hepburn in Frühstück bei Tiffany ähneln möchte: Dazu gibt es ebenfalls eine youtube-Schminklektion mit Amy B und in ihrem Marie-Antoinette-Video lüftet sie das Geheimnis des Amy-Whinehouse-Dutts. (Achtung: Auf zehn Minuten ausgedehnt, zieht sich der Film leider ziemlich in die Länge. Das gibt die dollste Frisur nicht her.)

Ich liebe youtube. Man kann drin rumwandern wie auf einem Flohmarkt, mal in dies, mal in das rein gucken, sich von Bildern, Namen, Tönen anlocken lassen und nach ein paar unterhaltsamen Stunden ist man vielleicht – wie nach einem Besuch auf einem Flohmarkt – absolut zufrieden, weil man was Hübsches gefunden hat.
Wichtig ist nur, dass man sich treiben lässt. Zum Beispiel so:

Ich suche bei Google Infos zum venezianischen Modemacher Fortuny und finde bei youtube einen (uninteressanten) TV-Beitrag von RAI über Fortuny.
Während er läuft, fällt mir auf der Liste der „related videos“ ein ganz anderer Name auf: jovovich-hawk fashionshow.
Milla Jovovich ist eine Schauspielerin, die mit einer Freundin auch Kleider entwirft. Das könnte doch was zum bloggen sein.

Click.
Gähn.
Aber die Musik ist hübsch. Wer singt den da?

Die Musik fiel auch anderen auf, die in den Kommentaren danach fragen. Und jemand weiß es und schreibt es rein:
Nouvelle Vague. Love will tear us apart.

Novelle Vague? Hab ich doch schon mal gehört. Gibt’s da nicht diesen Song „To drunk to fuck“?
Also Nouvelle Vague in die youtube-Suchfunktion eintippen.
Eine ganze Latte mit Videos.
„Love will tear us apart“ ist dabei – aber in einer schwachen Liveversion. Jede Menge wackelige Handyaufnahmen von Konzerten. Viele davon Mitschnitte von „To drunk to fuck“. Lustig. Und ein Video mit dem Song „Eisbaer“.
Die französisch-englische Band Nouvelle Vague singt deutsch. Das könnte spannend sein.

Click.

Halloo, was ist das denn? Eine hübsche Französin, die sich auf einem Eisbärfell rekelt und dazu mit entzückendem Akzent einen deutsches Nonsense-Schlager haucht.
„Ich möchte ein Eisbär sein, im kalten Polar/
Dann müsste ich nicht mehr schrein/
Alles wär so klar….“

Verwirrend. Sieht ein bisschen aus wie deutsches Fernsehen circa 1960 – ist bei genauerer Überlegung aber viel zu chic dafür. Wie kommt denn Nouvelle Vague zu so was?

Wieder helfen die Kommentare weiter.
„“Eisbär“ ist der Song einer Schweizer Band namens Grauzone“, die Anfang der 80er Jahre auf der neuen deutschen Welle („dadada“) mitspielte. Die Originalversion klingt wie ein Bergführerquartett aus dem Engadin, ist aber wohl Kult. Nouvelle Vague (was ja auch neue Welle heißt) hat das Ganze in einen Bossa Nova (neue Welle auf portugiesisch!) verwandelt – mit Sängerin Marina Celeste als zusätzlichem Charme-Faktor.

Da wir hier im Internet rumwandern, machen wir jetzt noch schnell einen Abstecher zu Nouvelle Vague bei wikipedia. Uns interessiert heute nur die Band nicht die Stilrichtung des frnazösischen Kinos (ist aber auch interessant!)
Und natürlich hat Nouvelle Vague (die Band) auch eine eigene, liebevoll gestaltete Website und – clever, clever – eine Myspace-Seite mit Radio. Hier ist dann endlich das wunderbare „To drunk to fuck“zu hören – übrigens wieder eine Cover-Version als Bossa Nova. Das Original stammt von einer Gruppe namens „Dead Kennedys“ und klingt nicht weiter verwunderlich sehr nach Punk. Wenn nun eine Mädchenstimme zirpt „Went to a party/I danced all night/I drank sixteen beers and started up a fight /I’m rolling down the stairs/to drunk to fuck“ hat das einen ganz eigenen Reiz.
Stellt sich jetzt nur noch Frage, soll ich als neuer Nouvelle Vague-Fan auch gleich das adäquate T-Shirt dazu bestellen? Für 23 Euro, direkt im Nouvelle-Vague-Shop

Da schlaf ich jetzt noch mal eine Nacht drüber.

Die Bermudas für Frauen auf innerstädtischen Straßen war einer der hässlichsten Trends unserer mit hässlichen Trends reich gesegneten Zeit. Daran konnte auch die Kombi mit schicken Stilettos nichts ändern. Nun scheinen die kniekurzen Absonderlichkeiten sich gottseidank wieder dahin zurückzuziehen, wo sie noch am wenigsten Schaden anrichten können: an die Beine männlicher Jugendlicher. Da die Originalbermudas nichts anderes sind als kurze Khaki-Hosen, ist nun die richtige Zeit, um ihre Erwachsenenvariante – die Khakis mit normallangen Beinen – hier ausdrücklich zu loben. Und sie besonders Frauen nochmal wärmstens zu empfehlen.


Fotos: style.com

1. weil sie ein bisschen zerknittert am lässigsten wirken. Das Rumgewirbele in der Waschmaschinen tut ihnen garnichts, nur Bügelfalten lassen sie verdrossen aussehen.
2. weil seit Katherine Hepburn und Marlene Dietrich klar ist, dass man sich auf den androgynen Sexappeal der Khakis immer verlassen kann. Auch wenn man nicht, wie ein Hollywoodstar beim Showeinsatz vor Kriegstruppen im Ausland oder bei der Flucht vor Paparazzi beim Verlassen eines Fitness-Studios, auf sein Image bedacht sein muss.
3. weil es sie von jeder Firma in jedem Schnitt für jede Figur gibt. Am schönsten in dem mittelschweren Baumwollpopelin, den auch schon die britischen Kolonialsoldaten bevorzugten. Ein paar moderne Fasern drin und etwas Stretch schadet ihnen aber ebenfalls nicht.
4. Weil der absolute Trendschuh dieses Sommers – die Römersandale – perfekt dazu passt. Von weißen Turnschuhen bis zu silbernen Killerstilettos geht aber auch alles andere.
5. weil Khakis auch Chinos genannt werden. Eine Wortschöpfung der Latinos in den USA für etwas leicht gebräuntes. Chino ist also ein andere Bezeichnung für ein schönes, warmes Beige – und das ist eine der Farben, die nie aus der Mode kommen.
5. weil schönes, warmes Beige zwischen Sand und Schlamm oszilieren kann. Zugegebenermaßen eine Tarnfarbenpalette, die auch beim Militär gute Dienste leistet. Stylingmäßig ist sie eine Erleuchtung, weil sie sich mit jeder – wirklich jeder – Farbe hervorragend verträgt.
6.weil sogar Edeldesigner sich regelmäßig in Chinos verlieben und ihre Schönheit demonstrativ zur Schau stellen. Wie diesen Sommer Stefano Pilati für Yves Saint Laurent (oben).
Es gibt wirklich keinen Grund, diese königliche Hose am Knie zu amputieren und sie, zur Bermuda verunstaltet, ihrer Würde zu berauben.

La Reski hat mir ein Buch geschenkt – und dazu einen plissierten Seidenschal in einem klaren fjordfarbenen Türkis.
Da Frau Reski bekanntermaßen in Venedig lebt, hat ihr Geschenk einen kommunalen kulturhistorischen Bezug. Der Schal stammt von dem venezianischen Label Venetia Studium, dessen Läden auf der mit Kitsch vollgestopften Touristenrennstrecke zwischen Markusplatz und Rialtobrücke durch exquisite Waren und liebevolle Schaufenstergestaltung Italiens Ruf als Stylehochburg retten helfen. Das Buch ist eine Biographie über Mariano Fortuny, der etwa zwischen 1915 und 1940 die reichen Touristinnen in Venedig mit Kleidern, Schals und Tüchern ausstattete und unter Modekennern einen ähnlich legendären Ruf genießt wie Christian Dior oder Coco Chanel.

Fortuny war Spanier, stammte aus einer Künstlerfamilie und lebte imagefördernd in einem Palazzo. Mit seiner Frau entwickelte er einzigartige Methoden, Seide zu färben und plissieren und Samt mit mit orientalischen Mustern zu bedrucken. In einer Zeit, in der Frauen sich noch in Korsetts schnürten, schneiderte er aus seinen Pliseestoffen einfache, lockere Tunikakleider, die er nach den griechischen Statuen benannte, die ihn inspiriert hatten: „Delphos“.

Auf dem auch schon nicht mehr ganz taufrischen Foto trägt Lauren Hutton ein „Delphos“ aus den frühen 30ern mit passendem Samtumhang. Sehr schön zu erkennen und typisch für ein Fortunykleid: der wunderbare Schimmer des Seidenplisees und die mit alten venezianischen Glasperlen eingefassten Säume. Ursprünglich war ein „Delphos“ als „Teekleid“ gedacht, weil man es für zu simpel hielt, um damit auf die Straße zu gehen. Aber reiche amerikanische Socialites, britische Gräfinnen und Hollywoodstars entdeckten schnell, wie sexy sie in den figurumschmeichelnden Hüllen wirkten und machten die Fortuny-Kreationen als Abendkleider High-Society-fähig.

Fortuny führte das glückliche Leben eines Darlings reicher Damen. Er verstand sich nie als Modeschöpfer, sondern als Künstler und Erfinder, der schöne Stoffe herstellen wollte, sich aber für die gerade herrschenden Trends nicht interessierte. So konnte ihm auch keine Kollektion floppen. Jedes seiner Kleider war ein Unikat, immer auf der Basis des Delphos. 30 Jahre fast unverändert. Nach seinem Tod verkauften seine Erben zwar Lizenzen für den Namen Fortuny, aber da es keine genauen Aufzeichnungen über seine Färbe-und Plissierungsmethode gab, blieb die Qualität der Fortuny-Seide lang unerreicht.

Wer heute mit einem Delphos liebäugelt, hat zwei Möglichkeiten: mit Glück und dem nötigen Kleingeld (um 10 000 Euro) kann man ab und zu in Luxus-Vintage-Auktionen noch ein Original ersteigern. Oder man lässt sich bei Venetia Studium ein Kleid im Stile Fortunys maßschneidern. Lino Lando, der Besitzer der Manufaktur (und, jetzt muß es mal gesagt werden: ein lieber Freund der Familie) hat jahrelang experimentiert, bis er Fortunys Geheimnisse auf die Spur kam. Seine Stoffe, die er auch zu Schals, Tücher, Taschen und Kissen verarbeitet, haben den gleichen, morbiden Charme wie die Originale. Außerdem im Programm: asiatisch inspirierte Lampen nach den Designs von Fortuny. Auch wenn man mir jetzt vorwerfen kann, nicht ganz unparteiisch zu sein, bleibe ich doch bei meiner Meinung: Für Modefans die schönsten Souvenirs, die Venedig zu bieten hat.

In Bayern gibt es tatsächlich noch Orte ohne Internetzugang, die guten alten Printmedien dringen aber locker in solche antidigitalen Oasen vor. So erfuhr ich ganz altmodisch beim Lesen in der Zeit, dass der hochgeschätzte Kollege Harald Martenstein sich als Autotester profiliert. Das ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert.

Erstens weil mein erstes selbst gekauftes Auto (d.h. nicht von Paps geschenkt, sondern mit selbstverdientem Geld abgestottert) ein gebrauchter Alfa Romeo Spider war. Er kostete das schier unfassbare Vermögen von 14tausend Mark und war leider hellblau, was ihn noch teurer machte, weil er auf rot umgespritzt werden musste. Pininfarinarot. Auch als Lippenstift- und Nagellack-Farbe unübertrofffen. Unterm geschlossenen Deck pfiff der Wind und tröpfelte das Wasser. Geriet man mit offenem Cabrio auf der Autobahn in ein Gewitter, musste man rechts ranfahren und unter Aufbietung aller Kräfte versuchen, das Dach zuzuklappen und festzuhaken. Am besten ging das mit einer männlichen Begleitperson. Was einerseits kein Problem war, weil sich alle gerne mitnehmen ließen. Andererseits schon – weil sie alle auch mal ans Lenkrad wollten. Außerdem hatte der Alfa wegen undichter Kabel im Regen die Angewohnheit, urplötzlich stehen zu bleiben. Ohne Rücksicht auf die Verkehrssituation. Wenn der Wagen auf einer dreispurigen Autobahn auf dem mittleren Streifen beleidigt den Geist aufgibt, weil er rechts und links von Lastwagen zugeplatscht wird, braucht man zum Überleben vor allem eines: Glück. Wir hatten es.

Der Alfa wurde verkauft, als das Baby zu groß wurde für die Kiste, in der es auf der Hinterbank festgeschnallt war. Das ist nun fast 18 Jahre her und nie wieder hat ein Auto so viel Spaß gemacht.

Der neue Alfa Romeo Spider 2.4 ist garantiert viel sicherer als mein 2.0er von ca. 1980. Sitzheizung und elektronisches Verdeck hat er natürlich auch. Das Grundmodell kostet neu fast 40000 Euro, ist also auch gebraucht wohl kaum vom ersten selbstverdienten Geld zu finanzieren. Außerdem sieht der Spider inzwischen aus wie eine Bulldogge. Kantig, sperrig, furchteinflößend. Für immer dahin, die elegante Leichtigkeit im Automobilverkehr.

Beim Lachen über Harald Martensteins Hymne auf den Alfa Spider, wurde mir außerdem klar: Auch der Autojournalismus hat sich verändert.

Als Mitarbeiterin von Frauenzeitschriften wird man immer mal wieder zu Events eingeladen, deren Zweck das Rumfahren von neuen Autos ist und Test genannt wird. In der Regel eine sehr angenehme Aufgabe, weil man zwei Tage in einem nagelneuen, schicken Gefährt in angenehmen, sonnigen Gegenden mit guten Straßen (Mallorca, Norditalien, Griechenland, Kanarische Inseln etc.) unterwegs ist, in erstklassigen Restaurants verpflegt und in luxuriösen Hotels untergebracht wird. Frauen sind in der Minderzahl. Die testenden Männer verfassen dann später lange komplizierte Artikel, durchsetzt mit Wörtern wie Differentialgetriebe oder Einspritzmotor und mit spürbarere Bewunderung für das Innenleben der neuen technischen Wunderwerke. Frauen schreiben eher über das geile Gefühl, das sich kurz hinter dem Lago Maggiore einstellt, wenn man im offenen Cabrio Serpentinen hochbrettert oder über das Glitzern in den Augen der Männer, wenn man mit einem Jaguar neben ihnen an einer roten Ampel hält. Wegen dieser besonderen Art der Sachkenntnis gelten Abgesandte von Frauenzeitschriften bei den Organisatoren der Events als Lifestyletussis.

Erstaunlicherweise orientiert sich ausgerechnet die seriöse Zeit bei den Autotests an den Vorbildern aus Elle oder Vogue und lässt die Artikel ebenfalls von Autoren verfassen, denen keinerlei Grundkenntnisse in Ingenieurwissenschaften den Spaß trübt. Das liest sich meistens viel amüsanter als alle engagierten Testberichte und beweist: Der alte Markwort-Spruch „Fakten, Fakten, Fakten“ hat auch im Autojournalismus endgültig ausgedient. Heutzutage sind Edelfedern wie Harald Martenstein die wahren Lifestyletussis.

Als von Kurzsichtigkeit betroffenes weibliches Wesen macht man im Leben verschiedene Phasen durch: anfängliches Entsetzen (etwa im Alter von zehn) über das ungewohnte Ungetüm auf der Nase weicht in der Pubertät dem verzweifelten Suchen nach attraktiven Ersatzlösungen. Teenager experimentieren mit Kontaktlinsen, die teuer sind, tränende und rote Augen verursachen und auch mal verloren gehen. Was endgültig das Budget übersteigt und die Phase auslöst, in der minus 5-Diophtrien ganz ohne Sehhilfen klar kommen müssen. Eine außergewöhnliche Belastung für jede Art von sozialen Kontakten, weil Halbblinde enthusiastisch völlig Fremde begrüßen, dafür alte Freunde übersehen. Irgendwann ist dann die Zeit gekommen, sich in sein Schicksal zu ergeben und tapfer Brille zu tragen. Leider selten ein Kick fürs Selbstvertrauen.

Seit ein, zwei Jahren gibt es nun eine erfreulichere Alternative. Brillen sind als modisches Accessoire akzeptiert. Lange verbesserten Designer höchstens ihre Einnahmen mit der Vergabe von Lizenzen an Brillenfabrikanten, jetzt schicken sie die Sehhilfen sogar auf die Runways. Mit dem Ergebnis, dass sich nun auch traumatisierte Kurzsichtige endlich schick.

Der Trend kommt aus England. Paul Smith, schon seit längerem ein Fan des Bücherwurms, versucht in dieser Saison mit kreisrunden Philosophengläsern seinen Models einen intellektuellen Touch zu geben. Luella pflanzt den Mädels Riesengestelle ins Gesicht, deren Anblick allein allerdings bei erfahrenen Brillenträgerinnen Druckstellen auf der Nase auslöst.


Fotos: style.com

Beides vor allem empfehlenswert für robustere Naturen, die nicht nur über ein stabiles Selbstbewusstsein sondern auch eine großen Portion Selbstironie verfügen. Sensiblere Geister finden das Passende eher bei dem gerade total angesagten britischen Label Cutler and Gross, das sich von einer brillenhistorischen Blütezeit inspirieren ließ: dem Sekretärinnenlook der 60ties.

Das steht auch Professorinnen.

Wenn mich nicht alles täuscht, bricht gerade eines der noch wenigen verbliebenen Tabus für Männer in sich zusammen.


Foto via Formatmag, „the hip hop news source“

Jetzt dürfen alle Kerle – wirklich alle! – Pink tragen. Und das ist gut so.

„Kämmen ist spießig“ sagte mir vor Jahren eine Freundin. Ein Hinweis, den ich bis heute beherzige. Was manchmal für Verwirrung sorgt, vor allem bei Mitmenschen, die das Chaos auf meinem Kopf als Hinweis auf die Verfassung seines Inhalt sehen. Dass dies so ist, liegt – das muss hier ausdrücklich hinzugefügt werden – nicht an meinem Friseur.

Nein, das bin nicht ich. Das ist ein Model. Mein Friseur Klaus Tischer hat mit ihr und der wuscheligen Kreation in Weißblond den German Hairdresser Award 2007 als bester Haarschneidekünstler Süddeutschlands gewonnen und damit Georg Baselitz‘ berühmten Satz „Kreativität ist was für Friseure“ aufs schönste bestätigt.

Jede Frau braucht einen congenialen Stylisten an ihrer Seite, deswegen käme mir nie in den Sinn, Klaus gegen einen seiner Kollegen auszutauschen. Womöglich noch aus dem selben Salon. Aber es gibt solche wankelmütigen Naturen, die heimlich mit dem Scherenvirtuosen nebenan liebäugeln. Meist in der irrigen Annahme, der andere kriegte sie schöner hin. Das Dilemma, das solch ein Wunsch nach einer neuen Beziehung auslöst, erörterte kürzlich sogar der SZ-Hausphilosoph Rainer Erlinger in seiner Magazin-Kolumne. Er empfahl, mit einem „charmanten Hinweis à la ‚Jetzt ist mal ein anderer dran'“ den Platz vor dem Spiegel zu wechseln. Mal ganz davon abgesehen, was Herr Erlinger für charmant hält: diese Antwort ist in keinster Weise geeignet das schlechte Gewissen über einen Hochverrat zu mildern. Man sagt ja auch nicht seinem Mann – egal wie liebevoll – jetzt ist mal ein anderer dran und legt sich dann abends seelenruhig neben ihn ins Bett.
Aber wie ist die delikate Angelegenheit sonst zu bewältigen?

Die Antwort erhielt ich bei einer Lesung im Münchner Salon von Ulrich Graf. Christian Schünemann stellte dort seinen zweiten höchst amüsanten Frisör-Krimi „Der Bruder“ vor und obwohl Herr Graf ganz buddhamäßig in sich ruhend ebenfalls zuhörte, wagte ich nicht, dem Meister selbst die Frage zu stellen. Stattdessen aber einem Kreis seiner Kundinnen. Das Entsetzen legte sich wie ein Nebel billig-klebrigen Haarsprays über die Damen. Dann flüsterte eine so leise, dass die anwesenden Graf-Angestellten nichts davon mitkriegten: „Also nein, das geht überhaupt nicht. Da kann man nur eins machen: Den Salon wechseln und sich nie wieder blicken lassen.“ Die anderen nickten.

Die Loungeisierung der Welt – von Gerhard Matzig in der Print-SZ und von La Reski im Blog eindringlich beschrieben – schreitet unaufhaltsam voran. Und dringt in Bereiche vor, die bislang als ungefährdet galten. In München hat „die erste Outdoor-Biergarten-Lounge“ eröffnet, am Park Cafe, was vor Urzeiten mal eine hippe Lokalität war. „Mit Spanferkelgrill, Live-Musik und Schmankerl für Groß & Klein.“ Bäh.

Der Karlspreis gilt unter europäischen Politikern als die höchste Auszeichnung. Am ersten Mai hat ihn Angela Merkel in Aachen verliehen bekommen. Damit ist sie aufgenommen in den Kreis der „Väter Europas“. Neben Simone Veil, der Norwegerin Gro Harlem Brundtland und Königin Beatrix die vierte Frau unter 54 Männern. Eine schöne Leistung. Und da die Bundeskanzlerin sich auch ansonsten im Moment höchster Beliebtheit erfreut (und Kurt Beck ganz lässig zeigt, wo der Hammer hängt), ist jetzt ein guter Zeitpunkt, ihre Erfolgsgeheimnisse auszuplaudern.

1. Wenn im fortgeschrittenem Lebensalter die Anwendung von Lippenstift, Wimperntusche und Eyeliner erforderlich ist, das in Gottesnamen halt auch noch lernen.
2. Mut zum Dekolletée – aber nie als einzige Waffe darauf vertrauen.
3. Selbstkritisch in den Spiegel gucken – sich aber keinesfalls davon entmutigen lassen.
4. Die Vorteile von Hosenanzügen nutzen. Sie sind zwar nach einer Burka das ödeste Kleidungsstück, dafür bedecken sie fast genausoviel wie eine Burka. Sehr vorteilhaft, wenn man nicht mit einer Kleidergröße unter 40 gesegnet ist. Männer wissen schon, warum sie darauf vertrauen.
5. Sich als junges Nachwuchstalent an einen erotisch unausgelasteten, aber mächtigen alten Mann ranwanzen und sich von ihm entdecken und fördern lassen. (Kohls Mädchen)
6. Gibt es Anzeichen für einen Machtverlust des alten Mannes, selber die Macht übernehmen. Treue ist was für Sissies.
7. Außer dem Alten hält dich keiner der anderen Männer für eine Attraktion? Wunderbar! Sie werden dich unterschätzen. Und im Abseits verblüfft ihre Wunden lecken.
8. Von alten, erfolgreichen Männern lernen: Durchhalten! Aussitzen! Kämpfen! Durchhalten! Aussitzen! Kämpfen! Niemals aufgeben! Um jetzt hier mal protzend eine philosophische Grunderkenntnis (von Buddha bis Nietzsche) einzustreuen: Amor fati. Liebe dein Schicksal. Es geht auch volkstümlicher mit einem Kalenderspruch: Jede Stunde Lebenskunde.
9. Beobachte die Selbstdarsteller um dich rum mit einem mildem Lächeln und denk dir deinen Teil Sprich ihn aber nie aus.
10. Jeder erfolgreiche Mann hat eine tüchtige Ehefrau und/oder Sekretärin im Hintergrund. Halte es genauso: Du brauchst einen loyalen, gescheiten Mann, der deine Tränen aushält und eine loyale, gescheite Freundin (gerne auch als Büromanagerin).
11. Das klingt alles wahnsinnig anstrengend? Hat hier jemand behauptet, das Leben sei ein Spaziergang im Frühling. Außerdem gibt es noch Punkt 12.
12. Hast du endlich erreicht, was du wolltest – genieße es! Besonders, wenn sich Sarkozy an dich ranwanzt. Obwohl du seinem Beuteschema in keiner Hinsicht entsprichst.