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Wenn am Wochenende alle greifbaren Männer Fußball gucken, bleibt einer Frau garnichts anderes übrig als sich mit einer ähnlich vom Schicksal geschlagenen Freundin selbständig zu machen. Ich ging mit M. wandern. Frei nach Nietzsches Diktum „Vertrau nie einem Gedanken, der im Sitzen entstanden ist“ spannen wir dabei plaudernd die schönsten Assoziationsfäden. Unser Themenspektrum: Ärger über die Mountainbiker, die auf den engsten, rutschigsten Waldwegen im Minutentakt die Vorbeifahrt erzwingen. Immer mit einem freundlichen Grüß Gott, was – da waren wir uns einig – aus rein taktischen Gründen geschieht. Mountainbiker wissen, dass sie von den Fußgängern gehasst werden und versuchen, mögliche Konflikte mit Höflichkeit zu entschärfen.
Beim Überqueren eines sumpfigen Geländes fielen uns die Feuchtgebiete ein. Ein Thema, das im Moment überall in der Luft liegt, selbst in abgelegenen Höhen. Da M. Schriftstellerin ist, weiß sie, dass Autoren immer in der Gefahr schweben, mit ihrer Fiktion identifiziert zu werden. Während wir bergauf keuchten, lobten wir beide übereinstimmend Charlotte Roches Mut zum Unappetitlichen und ihre gewiefte Gegenposition zum keimfreien, mit Sagrotan geschrubbten Schönheitsideal. M. hat eine Tochter in der 12. Klasse und sie erzählte von einem Gespräch, das kürzlich in ihrer Küche mit vier 18jährigen Schülerinnen stattfand. Es ging um Intimrasur bzw. um Schamhaar-Styling.

Ein Thema, das durch den Roche-Roman in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt ist und auch bei Wikipedia in aller Ausführlichkeit erörtert wird. M.s Küchenquartett war sich einig, dass es nur zwei Alternativen gibt: entweder alles weg oder aber die brasilianische Art mit einem schmalen „landing strip“ als Restnatur. Alles andere sei ekelig. Ja, auch eine ordentlich getrimmte Bikinizone. Wir beide, aufgewachsen mit feministischen Klassikern wie „Our Bodies, Our Selves“, konnten uns die Ursache für diesen Abscheu vor Schamhaaren nicht erklären. Während die Mountain-Biker an uns vorbei rasten, um noch rechtzeitig zu Russland/Niederlande im Tal zu sein, kletterten wir über rutschige Baumwurzeln und Felsbrocken und waren froh, nicht mehr 18 zu sein.

PS: Vor die Wahl gestellt eine Kurzgeschichte über Mountainbiker oder über morgentliche Rituale unter der Dusche hier anzuhängen, entscheide ich mich für die Rache an den Bikern: Mitten in der Pampa.

Ein Geständnis vorneweg: Ich habe nur eine ungefähre Ahnung was Trip Hop ist. Weder ein Reittunier, noch ein bestimmter Muskel bei Hip Hoppern noch eine Kaninchensorte, nö, Trip Hop ist eine Musikrichtung. Auch nach mehrmaligem Anhören erschließt sich mir allerdings kein signifikanter Unterschied zu all den anderen Musikrichtungen, die irgendwo in der Luft rumwabern. Trotzdem hat mich ein Artikel in der FAZ über ein Konzert der Band Portishead in München gefesselt. Interessant, was da alles zu lesen stand, über „sinistre, erhabene Klassiker“ der Band, ihr neues Album „Third“ und die erste Single-Auskoppelung „Machine Gun“, worin das „elektronisch verfremdete Schlagwerk lautmalerisch wie ein Maschinengewehr rattert“ und „nur Beth Gibbons‘ süß klagende Stimme dem progressiven Gewummere eine nachvollziehbare Melodie“ hinzufügt.


Foto: Andreas Müller/FAZ

Beth Gibbons! Der Name erinnerte mich daran, dass eine ähnlich schwärmerische Musikkritik vor Jahren in der SZ über ihr erstes (und einziges) Soloalbum „Out of Season“ der Ausgangspunkt einer Short Story wurde, die ich dann schrieb. Mit Erfundenem, Gehörtem und Erlebtem locker gemixt, wie das so ist bei Kurzgeschichten. Beim Rumsuchen und anhören der Videos heute bei youtube überfiel mich wieder diese leichte Langeweile, die der Grund war, warum Beth Gibbons und Portishead mich nicht wirklich interessierten. Ist mir zu cool, zu elektronisch, zu langsam, zu Kopf gesteuert. Am besten gefällt sie mir noch allein, ohne Band. Da hört man, was FAZ-Schreiber Müller meint, wenn er von ihrer „betörenden Stimme“ schwärmt: „Es ist immer noch faszinierend, was sie damit bewirken kann.“
Ihr Styling passt zu ihrem Ruhm als Bühnenelfe: Sie gilt als scheu, gibt kaum Interviews, lebt zurückgezogen auf einer Farm in England und tritt in schwarzer, minimalistischer Existenzialistenkluft (enge Hose, Rolli) auf. Alles sehr sympathisch.

Dass Modedesigner sich von der Natur inspirieren lassen ist an sich keine kreative Höchstleistung. Der erste Steinzeitmensch, der sich ein Bärenfell umhing, hatte die selbe Idee. Die nordamerikanischen Indianer imitierten die wilden Truthähne ihrer Heimat und versuchten den Feind mit furchterregendem Federschmuck in die Flucht zu schlagen. Mit mäßigem Erfolg, wie man weiß. Die wenigen verbliebenen afrikanischen Stämme, die nicht auf T-Shirt und Jeans umgestiegen sind, bemalen sich für ihre Partys gerne mit Löwen-, Tiger- oder Panthermustern. Ganz zu schweigen von den Fatigues, den Tarnfarben der Militärs, die je nach landschaftlichem Hintergrund vom grün-gelblichen (Dschungel) bis zum bräunlich-rötlichen (Wüste) variieren. Die Natur in der Mode war schon Thema für viele fette Fotobände und jede Wette, dass es bald einen neuen geben wird - mit den beiden US-Bloggerinnen von Trendinista als Herausgeberinnen.

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In ihrem Blog (und seit kurzem auch in dem E-Zine Coutorture) gehen sie umgekehrt an die Sache ran und suchen zu den fertigen Designs passende Analogien. Die Winter-Kollektion des Londoners Giles Deacon vergleichen sie zum Beispiel mit Insekten und lenken damit den Blick auf die Schönheit von Motten, Wanzen oder Raupen. Aber sie beschränken sich nicht nur auf Naturmotive, sondern werden zum Beispiel auch in der modernen Architektur oder beim Eiskunstlauf fündig. Eine witzige Idee, mit garantierter Erleuchtung: Ah, so kann man das auch sehen.

Und weil sie so gut zum Thema passt - hier noch eine weitere Kurzgeschichte

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Das Ereignis heute nachmittag im Münchner Südfriedhof: Ein Krokusmeer. Die Muttis mit Kinderwagen, die Krankenschwestern in der Mittagspause, ja selbst die Penner standen staunend da und dokumentierten mit dem Fotohandy ihr Naturerlebnis. Blüten im Schnee dachte ich, was nicht ganz den Tatsachen entsprach (nur Frühling, kein Schnee), aber die Krokusse sind nun ein guter Anlass, eine weitere Kurzgeschichte zwanglos hier einzustreuen. Es geht darin im Großen und Ganzen um den TV-Maler Bob Ross, Mode und Karl Lagerfeld, weshalb die Geschichte im Stylebus durchaus ihre Berechtigung hat. Falls Sie sich beim Lesen fragen sollten, wie Madame Pompadour auf dem erwähnten Bild von Francois Boucher aussieht, helfen auch in diesem Fall die Segnungen des Internets weiter. 

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Via Alte Pinakothek, München 

Da vor einigen Tagen von Vera Wang die Rede war, sei an dieser Stelle doch noch ein Brautkleid von ihr nachgereicht. 

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Eines der wenigen mit Schleier übrigens. Da ich mich mit Hochzeitskleidern eher weniger intensiv beschäftige, habe ich offenbar eine modische Entwicklung nicht mitgekriegt: die Braut trägt heutzutage keinen Schleier mehr. 

Aber das ist hier nicht das Thema.

Beim Rumklicken in Vera Wangs Bridal Store fiel mir meine Kurzgeschichte mit dem Brautkleid wieder ein. Sie entstand, weil ein befreundeter Arzt mir erzählt hatte, wie er zur Nachtschicht in die Klinik kam und in einem Krankenzimmer ein Hochzeitskleid sah. Es hing über einem Bettgalgen. Der riesige weiße Tüllrock bauschte sich dramatisch und warf im Neonlicht malerische Schatten an die Wände. Dazu hörte er das Schnorcheln eines Absaugegerät. Das Bild gefiel mir – und so entstand diese Geschichte   

lucindaw.jpegLucinda Williams ist eine mittelbekannte amerikanische Folkrocksängerin, die ich sehr mag. Ich habe eine kleine Schwäche für Rockchicks, wahrscheinlich weil mich in meiner frühen Jugend die Rolling Stones und Janis Joplin schwer beeindruckten. Lucinda Williams hat 1980 ein Lied aufgenommen, das ich erst 25 Jahre später entdeckte, dessen Titel mich dann noch später zu einer Kurzgeschichte inspirierte: Happy Woman Blues – ein Paradoxon, denn seit wann haben glückliche Frauen den Blues. Aber genau das gefiel mir daran.

Da ich hier so nach und nach ein paar meiner Schubladen-Geschichten online stellen möchte, wollte ich mit dem Happy Woman Blues beginnen und quasi als kleine Reminiszenz das Lied von Lucinda Williams dazu stellen.Vielleicht liegt es an meinen mangelnden Internet-Kenntnissen, vielleicht liegt es aber auch daran – wie die Bloggerszene ja nicht müde wird zu behaupten – dass die Musikindustrie bis heute die großartigen Möglichkeiten des Internets verkennt: mir ist es in stundenlanger Suche nicht gelungen, den Happy Woman Blues aus einer legalen Quelle hier an diese Stelle zu transportieren. Es gibt keine legale Quelle. Es gibt nur 30-Sekunden-Schnipsel mit 28 Sekunden Intro und dem ersten Satz des Textes zu hören. Bei i-Tunes z.B. oder bei Williams Plattenfirma Smithsonian Folkway Recordings. Youtube kann nur mit ein paar schlechten Coverversionen unbekannter Interpreten aushelfen oder mit anderen Stücken von Lucinda Williams. 

Die Blogger haben recht: Aus Sorge um ihre Einnahmen lässt sich die Musikindustrie die Möglichkeit der kostenlosen Blog-zu-Blog-Propaganda entgehen – und damit die Möglichkeit, längst vergessene Songs oder Interpreten neu zu entdecken. Wie kurz gedacht ist das denn? In der realen Welt nennt sich diese Art der Werbung Mund-zu-Mund-Propaganda, und ist die wirksamste Vermarktung überhaupt. 

Ich verzichte hier also erschöpft auf den 30-Sekunden-Schnipsel und füge stattdessen die Lyrics ein:

Trying hard to be a happy woman

life sometimes just overcomes me

Everyday I’m working

just to pay my dues

lie down at night

my mind is so confused 

Und hier geht es zur Geschichte…